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Jörg von Polheim ist Landesinnungsmeister im Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks (Foto: Bäckerei von Polheim)
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„Die Kunden halten uns die Treue“

Jörg von Polheim, Bäckermeister aus Hückeswagen und Landesinnungsmeister im Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks, stand nach der Begegnung mit einem Corona-Infizierten auf einer Versammlung bereits zehn Tage unter Hausquarantäne („für einen Kleinbetrieb abenteuerlich“), ehe der negative Test dann für Beruhigung sorgte. Im Gespräch berichtet er über die Auswirkungen auf seinen Geschäftsbetrieb und die Stimmungslage im Verbandsgebiet.

Wie gehen Sie als Unternehmer mit der aktuellen Lage um?
Als ich unter freiwilliger Quarantäne stand und meine Frau auch nicht in den Verkauf gehen sollte, hat meine Tochter, die Studentin ist, ausgeholfen und sich um den Laden gekümmert: Das ist der Vorteil eines kleinen Familienbetriebs. Wir haben wie viele andere auch starke Verluste im Liefergeschäft an Restaurants und Bildungseinrichtungen, aber zum Glück läuft unser einziges Fachgeschäft in zentraler Kleinstadtlage gut, sodass wir – Stand heute – wohl nicht in Turbulenzen kommen werden. Die Kunden halten uns die Treue, und das ist viel wert!
Welche konkreten Maßnahmen haben Sie ergriffen? Welche Veränderungen gibt es in Ihrem Geschäftsbetrieb?
Wir haben einen flächenmäßig kleinen Laden, aus dem wir zunächst einmal Tische und Stühle entfernt haben, damit die Kunden mehr Platz haben und Abstand halten können. Natürlich haben wir auch den Zugang reguliert, aber die meisten Menschen sind dabei ohnehin sehr diszipliniert. Bislang konnte man bei uns noch nicht bargeldlos bezahlen, das werden wir umgehend ändern. Denn nach jedem Kassiervorgang werden die Hände desinfiziert, was natürlich für die Haut der Verkäuferinnen belastend ist. Das Sortiment haben wir nicht wesentlich verändert, allerdings reagieren wir auf die verstärkte Nachfrage nach Brot und allem, was man unproblematisch transportieren kann.
Wie wird sich diese Krise auf Ihr Geschäft, wie auf die Handwerksbäcker allgemein in den nächsten Wochen auswirken?
Es ist ganz wichtig, dass die Bundesernährungsministerin deutlich gemacht hat: Bäcker sind systemrelevant. Dennoch haben viele Betriebe große Angst, was ich bei im Schnitt 30 bis 40% Umsatzverlusten im Bereich unseres Verbands und entsprechendem Gewinneinbruch sehr gut nachvollziehen kann. Viele rutschen da ins Negative, weil man die Fixkosten nicht im gleichen Umfang reduzieren kann. Die vom Staat angebotenen Hilfen sind wichtig, aber wir haben eine Lücke bei Betrieben mit 50 bis 250 Beschäftigten: Sie fallen derzeit durchs Raster und hier muss nachjustiert werden! Kurzarbeit hilft nur vorübergehend und auch Kredite und Stundungen sind nur ein Wechsel auf die Zukunft, der irgendwann beglichen werden muss. Aber wir müssen weiter kämpfen und ich denke, gemeinsam haben wir eine gute Chance, auch diese Krise zu überstehen!

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