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Axel Schmitt verdeutlicht sein Anliegen, dass Bäcker systemrelevant sind, auch auf den Social Media Kanälen (Foto: Axel Schmitt).
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„Wir backen, wir rudern das Schiff“

Axel Schmitt, Bäckermeister und Brotsommelier, aus Frankenwinheim ist bekannt für ausgewöhnliche Aktionen, aber auch für Bäckerevents, Backen auf Festivals und Märkten. Wie geht er mit der aktuellen Lage und der Corona-Krise um?

Welchen Einfluss hat die Corona-Krise auf Handwerksbäckereien?
Uns hat die Corona-Krise stark getroffen. Wir sind hier in der Region stark geprägt von Gastronomie, Hotels, Tourismus und Feste. Uns als eine der letzten Handwerksbäckereien in der Region trifft es momentan hart. Wir haben mehr als 50% Einbußen: Unser Café haben wir dicht gemacht, die Filialen haben weiter auf. Ich hab mittlerweile schon Musik in den Filialen laufen, damit sich unsere Verkäuferinnen nicht so einsam fühlen.
Wie sieht der Alltag momentan aus?
Teilweise mussten wir die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken: Die Konditoren sind in Kurzarbeit und auch Verkäuferinnen. Trotzdem produzieren wir das volle Sortiment, wir haben ohnehin nicht so ein großes Sortiment, sodass ich momentan sage: Wir werden alles so weiter produzieren, wir nehmen momentan alles mit, aber sag niemals nie. Für meine Kollegen kann ich nur sagen: Wenn eine Sortimentsverkleinerung bzw. -bereinigng ansteht, dann gerne jetzt umsetzen, denn jetzt haben die Kunden Verständnis und jetzt macht es Sinn. Die Leute merken jetzt, auf was es ankommt.
Welche Wünsche, Anregungen und Ideen haben Sie für die Zukunft nach Corona?
Wir müssen auf Social Media zeigen, wer das Schiff rudert! Wir sind systemrelevant, wir rudern! Wir klatschen nicht abends am Fenster oder auf den Balkon nach einem entspannten Home-Office-Tag mit 36 Stunden, dafür können sich die Ärzte und Krankenschwestern auch nichts kaufen. Wir klatschen nicht, wir backen, wir rudern! Ich hoffe, dass diese Wahrnehmung und Wertschätzung auch nach der Krise bleibt. Aber wenn die Krise überwunden ist, ist die Schmerzerinnerung der Menschen kurz, aber ich wünsche mir, dass die krisenfesten Berufe, wie das Bäckerhandwerk, auch danach mehr Wertschätzung erfahren. Mein Opa hat schon früher gesagt: „Wenn das Geld nicht mehr ist, dann haben wir als Bäcker immer noch ein Tauschprodukt und können mit Rohstoffen handeln.“ Das habe ich sonst nicht immer so ernst genommen, aber in diesen momentanen Krisenzeiten denkt man doch nochmal anders über diesen krisenfesten Beruf nach. Ich denke und hoffe, dass dieser ehrwürdige Beruf zukünftig mehr Zuspruch bekommt und vielleicht der Fachkräftemangel etwas aufgehoben werden kann: Aus der Gastronomie und der Hotellerie werden Arbeitskräfte zu uns kommen und wir können Verkäuferinnen einstellen. Es gibt also auch positive Möglichkeiten und Lösungen: Man darf eben nicht jammern; wir als Bäckerhandwerk müssen Gas geben und wenn es jemand schafft, dann wir Bäcker. In diesem Zusammenhang sollten wir auch positive Aufklärungsarbeit leisten: Auf den Social-Media-Kanälen, wie Facebook oder Instagram, kann man momentan auf das Bäckerhandwerk aufmerksam machen, oder kostenlose Online-Backkurse anbieten: Die Kunden haben Zeit, die Beiträge wahrzunehmen und auch auf einer ganz neuen emotionalen Ebene berührt zu werden. Das wird nach der Krise auch wieder anders aussehen, deswegen sollte man die Zeit momentan nutzen.

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